Im Wald

Man sagte mir, dass ich heute Fünfzig geworden sei. Auch mein Ausweis behauptet das. Tja, was geht das mich an.

Ich steh also auf, frühstücke, packe meine Kameras zusammen und mache mich auf den Weg in DEN WALD.

 

DER WALD, ist, wie ihr an der Grossschreibung erkennen könnt, nicht irgendein Wald. Sowenig wie DER SMY irgendein Smy ist.

Im WALD gelten andere Regeln, und DER SMY kennt sie.

 

Den WALD kenne ich schon lange und ich habe dort viel erlebt. Nun war ich leider schon lange nicht mehr dort und es juckte mich, wieder einmal den Duft des Mooses zu schnupper.

 

Wer den WALD nicht erkennt sieht einfach einen Wald. So ist das. Menschen sehen was sie sehen wollen. Sie sind mit den Gedanken fast nie da wo sie mit ihrem Körper sind. Sie radeln mit Bikes durch den Wald, reiten durch den Wald, Joggen durch den Wald oder führen ihre Vierbeiner Gassi im Wald. Nur die wenigsten gehen im Wald in den Wald.

 

Ich war schon immer etwas anders, und bereits als Kind, wenn ich die Schule schwänzte oder am Nachmittag oder den Wochenenden in den Wald ging sah ich nicht nur Bäume sondern DEN WALD. Ihn und alle die darin leben. Und ich meine alle!

Was erlebte ich für Abenteuer!

 

Nun, es scheint so als sei ich erwachsen geworden, aber im Gegensatz zu Peter Pan habe ich das Fliegen nie verlernt.

So ging ich heute also in DEN WALD. Von links kommend überquerte ich die Brücke.

 

Brücke

 

Was soll das für eine Brücke sein, denkt ihr vielleicht. Und richtig, ja, die meisten sehen nur zwei Bretter die am Boden liegen und eine klitzekleine Senke überbrücken.

Glitschig ist sie und niemand möchte sie betreten und das Risiko eingehen auszugleiten und sich den Hals zu brechen. Tja, selber Schuld. Wer einfach im Wald ist und nicht im WALD, sieht halt nur die beiden Bretter. Selbstverständlich nahm ich lieber die Brücke, Bretter sah ich keine.

 

 

Ahh, was tat sich mir auf! Welche Pracht! Was für ein Überschwang an WALD!

Über DEN WALD wisse dies:

1. Nichts ist wie es scheint

2. Alles ist anders

3. Du hast keine Ahnung. Bereichere dein Wissen, aber stell keine dummen Fragen.

und apropos, das sind echte Edelsteine die da glitzern. Nimmst du einen weg, wird er dir in der Hand zerfliessen wie ein Tropfen Morgentau.

 

Wald

 

 

Wald

 

Das klitzekleine Tal hinab an den klitzekleinen Bäumen und den Baumriesen links und rechts ging ich, und wandte mich dann nach rechts.

 

Wald

 

Vor dem grossen Torbogen der das Land von Borkling Braunnas markierte sagte ich mein Willkommenssprüchlein auf und bat um Einlass. Da sich mir weder Gestrüpp noch fauchendes Getier in den Weg stellte, konnte ich mich getrost erhobenen Hauptes und ein Liedlein auf den Lippen (so gehört sich das), zu seinem Haus aufmachen.

 

Und da war es auch schon.

 

 

Wald

 

Sein riesiges Haus steht mitten auf einer Lichtung die schon in wenigen Wochen von hochaufragendem Farn umgeben sein wird, und der Platz vor dem Haus wird vom Blumen weiss und gelb leuchten.

Heute war noch nichts mit Blumen. Auch nicht mit Braunnas. Niemand zu Hause. Schade, sagte ich mir, aber wer platzt auch an seinem fünfzigsten in fremder Leute Haus!

Ich sah das ein, keine Frage, und klebte ihm einfach eine Nachricht an die Tür:

«Lieber Borkling Braunnas

War hier und bin nun wieder weg. So du nach Hause kommst, und dir wüschtest es wäre anders, dann gib Bescheid, und ich werde nicht weggegangen sein und mit dir gerne einen Becher Met trinken.

 

Mit herzlichem Gruss

DER SMY»

 

Und so ging ich eine kleine Melodie zwitschernd am Haus vorbei und nach Hause.

 

Wald

 

Übrigens, es kann mir jederzeit passieren, dass Braunnas nach Hause kommt, meinen Zettel liest, sich wünscht ich wäre nicht gegangen, und ich dann dort wäre um mit ihm einen Becher Met zu trinken.

Also wenn ich mal plötzlich weg bin, bin ich vielleicht dort.

 

Am 30. März des Jahres 2018 oder welche Zählweise ihr auch immer bevorzugt, am fünfzigsten Geburtstag des SMY (und zufällig auch meiner).